Aus "Basler Zeitung", 01.09.2008

Sigfried Schibli: Kulturen auf Kollisionskurs

(...) Regie führt bereits zum dritten Mal innerhalb der Opernzusammenarbeit zwischen St.Moritz und Riehen der Deutsche Joachim Rathke. Ihm ist hoch anzurechnen, dass er auf wohlfeile Muselmanen-Klischees verzichtet und glaubwürdige Menschen von heute anstelle blosser Abziehbilder zeigt. Auch wenn Rathke aus einer haarsträubenden keine menschlich anrührende Geschichte machen kann, ist seine Inszenierung sehenswert. (...)



Aus "Basellandschaftliche Zeitung", 01.09.2008

Alfred Ziltener: Rossini-Oper mit viel Witz

(...) Auf das Podium hat der Bühnenbildner Philipp Kiefer einen überdimensionierten Tisch und einen Stuhl gestellt; der Boden ist mit zerknülltem Papier bedeckt. Das ist der Arbeitsort Prosdocimos. Der Regisseur Joachim Rathke spitzt die Rolle des Dichters im Vergleich zur Vorlage zu und lässt ihn selbst die übrigen Gestalten erfinden. Weisse Kostüme und eine (...) manierierte Spielweise charakterisieren diese als fiktive "Figuren aus Papier". Sie tun jedoch nicht immer, was ihr Autor will, sie rebellieren und entwickeln ein Eigenleben. Die Regie spielt mit den Realitätsebenen, zeigt wie der Dichter den Figuren Anweisungen gibt und wie er bereits gefüllte Seiten zerreisst, wenn ihm die Entwicklung nicht gefällt, und die Handlung neu beginnen lässt. (...) Das ist intelligent und macht Spass, ohne wie so manche Rossini-Inszenierung in die Klamotte abzugleiten. (...)



Aus "Riehener Zeitung", 05.09.2008

Barbara Imobersteg: Zigeuner und Türken im Wenkenhof

(...) Das ganze Ensemble zeigt ein eindrückliches Schauspiel, das fast immer Leichtigkeit und Natürlichkeit ausstrahlt. (...) Das Spiel mit den Ebenen hat Regisseur Joachim Rathke einfallsreich und gekonnt inszeniert. Jede Idee scheint der Oper selber zu entspringen. Selten überbordet das Spiel, so dass man sich gegenüber Rossinis Musik etwas mehr Zurückhaltung mit mimischen Eskapaden wünscht. Die bewegenden Szenen, etwa Fiorillas Reue, vermitteln ohne unnötige Gesten Gefühlstiefe und Ernsthaftigkeit. Dass andererseits der Kampf der Rivalen mit viel Witz inszeniert wird, ist ein Genuss. Die Waffen sind, passend zum Tisch, eine überdimensionierte Gerätschaft aus Papiermaché, von der Zuckerzange bis zum Säbel. Papieren ist die gesamte Ausstattung (Philipp Kiefer), Kostüme (Imke Sturm), Requisiten, selbst das Badewasser. Die Einfälle des Prosdocimo entstehen nicht nur auf dem Papier, sondern werden als papierene Figuren lebendig. Der Regisseur lässt die vorder- und hintergründigen Aussagen gekonnt Gestalt annehmen. Mit immer neuen Mitteln zeigt er das Spiel um und mit den Wirklichkeiten. (...)



Aus "Musik und Theater", Oktober 2008

Reinmar Wagner: Pappkameraden

(...) Überzeugt hat vor allem aber auch die Inszenierung von Joachim Rathke. Die Geschichte vom Dichter, der sich ad hoc seinen Stoff zusammenstellt und zunehmend verzweifelt versucht, die angebahnten Verwicklungen zu lösen, brachte Rathke auf die Idee, seine Figuren als Pappkameraden zu zeichnen. Der Dichter singt deutsch, seine Geschöpfe italienisch. Sie sind von Imke Sturm in weiße Knisterkleider gesteckt worden, und auch sonst ist alles bis auf einen überdimensionalen Trattoria-Tisch und ein paar Stühlen aus Papier. Sogar eine Badewanne mit Schaum und Papiermaschée-Quietschentchen lässt sich damit zaubern. Ein Paradebeispiel, wie man mit wenig Platz und Material, dafür Ideen und einem beweglichen Ensemble eine kurzweilige, witzige und bewegte Operninszenierung zu Stande bringt, ohne gleich die ganze Welt erklären zu wollen.

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