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Bernd-Christoph Matern: Leben voll Liebe und Rachsucht

Gewagte Zeitsprünge bringen Bewegung in die Inszenierung: Regisseur Joachim Rathke lässt in Koblenz die Handlung von Verdis "Troubador" wie einen Film ablaufen.

"Es ist sicher nicht das verwirrende Libretto, das Verdis Oper "Der Troubador" zu einem seiner beliebtesten Werke gemacht hat. Es ist die energische Musik, die jetzt auch am Stadttheater Koblenz wieder Zuschauer lockt, um mitzuerleben, wie ein Bruder seinen Bruder - von der gemeinsamen Abstammung nichts ahnend - umbringt.

Überall Zeit-Zeichen

Keine leichte Aufgabe für einen Regisseur. Joachim Rathke fokussiert die Inszenierung auf den dramaturgischen Aspekt der Zeitensprünge. Das Spiel mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hat es ihm angetan. Der Abend kommt ohne deutsche Übersetzung aus; problematisch ist das für all jene, denen die Handlung fremd ist. Die von den Protagonisten vorgetragenen Rückblicke werden mit Hilfe von wiederkehrenden Prospekten (Garten-Idyll, Winterlandschaft, Kriegsfeuer) in Bilder und Lichteinstellungen übersetzt.
Bühnenbildner Andreas Wilkens hat als Grundgerüst das Innere einer spanischen Festung zimmern lassen. Die mit viel Liebe zu zeitlichen Details entworfenen Kostüme Erika Landertingers verstärken die düstere Atmosphäre. Digitale Uhren markieren das Heute. In zwei kleinen Kindern - die beiden Brüder in ihrer Kindheit - ist die Vergangenheit auf der Bühne stets gegenwärtig. Helles Licht weist in die Zukunft, in dieser Oper eher das Jenseits. Ihren Höhepunkt erreicht Rathkes Fabel, wenn das Hinrichten, das gegenseitige Abstechen - Luna drückt Azucena den Dolch in die Hand und wirft Manrico hinein - noch zu verhindern wäre: Der Regisseur dreht den "Film" pantomimisch zurück, erweckt gar die verfeindeten Auslöser des Konflikts - den alten Grafen Luna und die alte Zigeunerin - zum Leben, um dem Publikum zu zeigen: das Stück hätte auch in "Friede, Freude, Eierkuchen" enden können, die Steckenpferde der Kinder bräuchten sich nicht in Tod bringende Degen zu verwandeln. (...)
Das Feuer, das da auf der Bühne nicht nur aus einer Tonne lodert, wird im Orchestergraben entfacht: Anton Marik legt die Lunte für die Rheinische Philharmonie und den in schönen Tableaus formierten, hervorragenden Chor. Aus den roten Flammen entwickeln die Streicher schöne Schauer. So eindringlich das Orchester mit spanischem Verve den Rhythmus für das Aufschreiten und -schreien der Krieger vorgibt, begleitet es auch die bedächtigen Schritte der in strahlendes Weiß gekleideten Nonnen, die mit Kerzenschein die Bühne mit sanfter Empfindung füllen. Eine sehens- und vor allem hörenswerte Premiere, in deren starken Beifall sich auch Buh-Rufe mischen."

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