Aus "Blick", 01.07.2008

Hans Uli von Erlach: Doppelmord im Grandhotel

(...) Die Organisatoren, die in St.Moritz zum neunten Mal Sommeroper in einem Grandhotel spielen, haben es gewagt. Und gewonnen. Mit einem Ensemble aus jungen Sängerinnen und Sängern, die die Strapazen grandios und ohne Rücksicht auf Verluste bewältigen. Mit einer unkonventionellen Regie (Joachim Rathke), die das Drama von der sportlichen Seite nimmt. Und mit einem Dirigenten (Jan Schultsz), der den Rossini-Drive einen heissen Sommerabend lang am Kochen hält.



Aus "Bündner Tagblatt", 30.06.2008

Julian Reich: Rodrigo schlägt sie alle

(...) War die Tragödie um Liebe, Intrige und Tod bei ihrer Uraufführung 1816 noch in den adligen Kreisen Venedigs angesiedelt, so führt sie in Joachim Rathkes Inszenierung für die 9. Opéra St.Moritz in eine gänzlich andere Welt: in diejenige des Sports als Bild einer ruhelos kompetitiven Welt, in deren Lauf das Schicksal der Liebe übel mitspielt. (...)

Ein Grund dafür, dass Rossinis Oper so selten gespielt wird, liegt darin, dass er gleich sechs Rollen mit Tenor-Partien besetzt hat. (...) Dies und die zahlreichen Duelle zwischen den Protagonisten nahm Regisseur Rathke zum Anlass, die Handlung in eine ortlose Zukunft zu projizieren. In dieser wird dann statt mit dem Degen mit einer Art von "Fussboden-Billard" oder "Mühlespiel mit Stab" duelliert. Die Spieler bedienen sich dabei der beinahe einzigen Requisite, weissen und schwarzen Stäben, die je nach Szene in Einlassungen im Bühnenboden gesteckt werden, was für eine überraschende Flexibilität der Bühnengestaltung sorgt (Bühne Philipp Kiefer). Die spielerischen Einlagen verleihen der Inszenierung eine wohltuende Dynamik, ja lassen gar den Zufall in die sonst meisterhaft choreografierte Handlung einfallen. (...)



Aus "Die Südostschweiz", 30.06.2008

Reinmar Wagner: Tanz der Tenöre oder Otello, ein Mohr wie du und ich

(...) Rossinis "Otello" entstand gleich nach dem Erfolg des "Barbiere di Siviglia" 1816 für Neapel. Anders als Verdi zeichnet er den Bösewicht Jago nicht als dämonischen Zerstörer, sondern als üblen Intriganten, welcher dem strahlenden Otello den Erfolg als Heerführer und Liebhaber Desdemonas neidet. Nicht das Taschentuch ist das Mittel seiner Intrige, sondern eine Haarlocke und ein Brief Desdemonas. Mit dem gleichen tragischen Ende: Der eifersüchtige Otello ersticht in einer dramatischen Schlussszene Desdemona und schliesslich, als er den Irrtum bemerkt, sich selber.

(...) Eine Hotel-Halle ist kein Opernhaus. Die Inszenierung zeigt jedoch, wie sich Fantasie und Kompetenz durchsetzen können: Wunderschön, wie Joachim Rathke aus nicht mehr als ein paar langen Stäben und rotem Wollfaden die Gefühls-Labyrinthe und fatalen Verstrickungen deutlich macht. Als ritualisierten sportlichen Wettkampf erzählt er den Tanz der Tenöre um Desdemona. (...) Die venezianische Gesellschaft zeigt Rathke als japanisch angehauchte, maskierte, unheimliche Phalanx, an der der Fremde Otello - diesmal kein Mohr, sondern einer von uns - nicht zwangsläufig zerbrechen muss, aber zu der er nie wirklich dazugehören wird. Deutlich allerdings, dass seine wahnhafte Eifersucht, die ihm schliesslich zum Verhängnis wird, in dieser insektenhaften, wunderschön von Imke Sturm kostümierten Gesellschaft nicht unbedingt gemildert wird. (...)



Aus "Das Opernglas", Ausgabe 9 2008

W. Kutzschbach

(...) Konsequent liess der von Anfang an mit Spielorten in Hotels vertraute Regisseur Joachim Rathke die Oper in einem Boxring spielen, wobei das Wechselspiel zwischen den Protagonisten zu einem sportlichen Wettkampf mit Brettspielen, Billard und Ballspielen geriet, ganz im Sinne auch des tenoralen Wettkampfes, wer die Noten besser, schneller, länger, höher singt, aushält und erreicht. (...)



Aus "Engadiner Post", 01.07.2008

Ingelore Balzer: Umjubelte Premiere von Rossinis Oper "Otello"

(...) Ein mutiger, aber bemerkenswert gut gelungener und beim Premieren-publikum gut angekommener Schritt in Richtung Regietheater! (...)

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